Geschichte der Freiburger Stadtbächle

Über den genauen Zeitpunkt der Entstehung gibt es in den Schriften und Urkunden keine genauen Daten. Die Vermutungen der Stadthistoriker beziehen sich auf die Gründung der Stadt (1120). Zum ersten Mal erwähnt wurden die „Wasseranlagen“ im Jahre 1220. Man geht davon aus, dass die Erbauung des Gewerbekanals und die Einrichtung der Stadtbächle eng miteinander verbunden sind.

Die Bächle dienten als Brauchwasserversorgung, dem Brandschutz, der Oberflächenentwässerung und der Entsorgung von Abfällen. Wie sich auf den historischen Plänen (Merian) gut erkennen lässt, ist die Lage des Bächlesystems eng mit den Frischwasserbrunnen verknüpft.

In der Frühzeit der Stadt waren die Bächle nur flach gepflasterte Rinnen in der Straßenmitte.

1840 bis 1858 wurden sie an den Straßenrand verlegt und das Wasser wurde in gerundeten Sandsteinrinnen geführt.

Freiburger Bächle
Foto: ASF

Die mittelalterlichen Vorstädte besaßen ebenfalls Stadtbächle. Mit der Anlage der Kanalisation Ende des 19. Jahrhunderts haben die Bächle teilweise ihre praktische Funktion verloren. Die Entwicklung des Autoverkehrs nach 1945 hat bis in die 60er Jahre insbesondere in engen Straßen und Gassen zur Überdeckung von Teilbereichen geführt.

Die Einrichtung der Fußgängerzone Innenstadt ab 1969 gab einen neuen Impuls zur Herstellung der modernen Bächle. Hauptsächlich in der Kaiser-Joseph-Straße und Bertoldstraße dienen die Bächle als Abgrenzung zwischen Stadtbahn und Fußgängerbereich. In anderen Bereichen wurden alte Bächle wieder geöffnet oder in alter Lage neu gebaut.

Wasserversorgung

Die Bächle beziehen ihr Wasser über einen 500 Meter langen Gewölbetunnel durch den Schlossberg, das in Höhe des SWR aus dem Gewerbekanal abgeleitet wird, und einer zweiten Ableitung auf der Insel oberhalb der Turbine der Firma Himmelsbach. Sie fließen im natürlichen Gefälle bis sie am Rande der Innenstadt wieder dem Gewerbekanal und dem Waldschützbach zugeleitet werden.

Durch ca. 150 Schieber werden die ca. 250 l/s auf das ca. 8,5 km lange Bächlenetz verteilt. Seitliche Überläufe die an das Kanalnetz angeschlossen sind, gewährleisten, dass bei starken Regenfällen und Verstopfungen der Dükerleitungen nicht zu Überschwemmungen kommt. Heute wählt man die Ausführung der Bächle mit einer gepflasterten Sohle. Die Materialien sind Basalt, Porphyr und Rheinkiesel. Die Wangen bestehen aus Granitsteinen.

Freiburger Bächle
Basalt., Foto: ASF

Bauliche Gestaltung

In kleinen Gässle fließt das Bächlewasser wieder durch die historischen halbrunden Sandsteinrinnen. Die Dükerleitungen bestehen aus einem duktilen Rohr mit einem Durchmesser von 200 mm. In den Aus- bzw. Einlaufschächten befinden sich Grundablässe, die an das Kanalnetz angeschlossen sind, so dass in den Frostperioden, in denen die Bächle abgestellt sind, das Oberflächenwasser in den Kanal abgeleitet werden kann.

Unterhaltung

An sechs Tagen in der Woche sind zwei Bächleputzer mit der Wasserregulierung und der Reinigung der Bächle beschäftigt. Eine weitere Arbeit der Bächleputzer ist das Entfernen des Schnees aus den Bächlerinnen, um die ordnungsgemäße Oberflächenentwässerung der angrenzenden Verkehrsflächen auch im Winter sicherzustellen.

Der Bächleputzer bei der Arbeit
Foto: ASF
Der Bächleputzer bei der Arbeit
Foto: ASF

Im Oktober wird der Gewerbebach für zwei Wochen abgeschlagen. Das bedeutet, dass die Bächle in dieser Zeit kein Wasser führen. Das Garten- und Tiefbauamt nutzt diese Zeit, um die anfallenden Instandsetzungsarbeiten an den Bächle und dem 500 m langen und ca. 1,30 m breiten und ca. 1,10 m hohen Tunnel im Schlossberg durchzuführen.

Heutige Bedeutung

Die Bedeutung der Bächle für die Stadt hat sich von der Erbauung bis heute stark verändert. Die Bächle sind ein wichtiges gestalterisches Element für Straßen und Plätze.

Volksmund

Wer sich in Freiburg aufhält sollte sich in Acht nehmen. Wer in eins der Freiburger Bächle tritt, der muss nach dem Volksmund einen Freiburger oder eine Freiburgerin heiraten.

Unfall und Recht

Eine erhöhte Unfallgefahr durch die Stadtbächle ist nicht festzustellen. Selbstverständlich sind schon Unfälle passiert, und die Frage der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht hat auch schon die Gerichte beschäftigt. In Hinsicht auf die Verkehrssicherheit und den Haftungsumfang des Straßenbaulastträgers hat der Bundesgerichtshof festgestellt: Jeder Verkehrsteilnehmer muss sich grundsätzlich den gegebenen Straßenverhältnissen, also etwaigen historischen Besonderheiten anpassen und die Straße so hinnehmen, wie sie sich erkennbar darbietet. Insbesondere handelt es sich bei den Stadtbächle auch nicht um unvermutete, unerwartete Gefahren (BGH NJW 159, 1972).